
Schilddrüsenerkrankungen
So überflüssig wie ein Kropf?
Die Schilddrüse ist ein normalerweise nur wenige Zentimeter großes, schmetterlingsförmiges Organ an der Vorderseite des Halses. Sie stellt aus Jod Hormone her, die gemeinsam mit anderen Botenstoffen zahlreiche Stoffwechselvorgänge regulieren.
Schilddrüsenhormone sind lebensnotwendig!
Obwohl wir während eines durchschnittlich langen Lebens nur 5 Gramm Jod, also täglich etwa 200 Mikrogramm brauchen, leiden schätzungsweise 1 Milliarde Menschen weltweit an Jodmangel.
Bei einem Jodmangel vergrößert sich die Schilddrüse und bildet Knoten, um mit dem wenigen Jod, das ihr zur Verfügung steht, ausreichend Schilddrüsenhormon her- und bereitzustellen.
Eine Vergrößerung der Schilddrüse ist erst in fortgeschrittenem Stadium äußerlich sichtbar. Gelegentlich kommt es jedoch schon vorher zu Schluckbeschwerden und einem Druckgefühl im Halsbereich.
Funktionsstörungen der Schilddrüse, also eine Über- oder Unterfunktion, äußern sich durch allgemeine Symptome wie Unruhe und Schlafstörungen oder Müdigkeit, Gewichtsveränderungen und Leistungsminderung.
Nicht jeder Schilddrüsenknoten bedarf einer operativen Therapie. Wenn die Vergrößerung jedoch zu Schluck- und Atembeschwerden, Druck- und Engegefühl führt oder der Verdacht auf eine bösartige Erkrankung vorliegt, ist eine Operation zu empfehlen.
Bei einer Überfunktion der Schilddrüse aufgrund eines sogenannten “heißen” Knotens oder eines Morbus Basedow stellt die Radiojodtherapie eine Alternative zur Operation dar.
Vor einer Operation sollten folgende Untersuchungen durchgeführt werden:
- allgemeine Laborwerte
- spezielle Schilddrüsenwerte (fT3, fT4, TSH, Calcitonin)
- Ultraschalluntersuchung der Schilddrüse
- Schilddrüsenszintigraphie
- Untersuchung der Stimmbandfunktion durch einen HNO-Arzt
Der Eingriff erfolgt in Vollnarkose und dauert in der Regel 1 bis 2 Stunden. Durch die Verwendung von sehr feinen Instrumenten sowie einem speziellen Neuromonitoring-Gerät kann das Risiko für das Auftreten von Komplikationen sehr gering gehalten werden.
Am ersten Tag nach der Operation erfolgt eine Blutentnahme insbesondere zur Kontrolle des Kalziumspiegels. Ab dem zweiten Tag können Sie nach Hause entlassen werden.
Ob die Einnahme einer Schilddrüsenhormon- oder Jodtablette notwendig ist, hängt davon ab, wie viel Schilddrüsengewebe bei der Operation entfernt wurde.
Bei einer vollständigen Entfernung der Schilddrüse ist die lebenslange tägliche Einnahme von Schilddrüsenhormon erforderlich!
Der Hausarzt kontrolliert die Schilddrüsenwerte nach circa 2 Wochen und wird die Medikation anpassen.
Eine Entfernung der selbstauflösenden Hautnaht ist nicht erforderlich. Die etwa 3 cm lange Narbe sollte für mindestens 1 Jahr nicht der direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt werden, um kosmetisch störende Pigmenteinlagerungen zu vermeiden. Zur Vorbeugung einer wulstigen Narbenbildung wird nach Abschluss der Wundheilung eine Zupfmassage und Hautpflege empfohlen.
Die Schilddrüsenunterfunktion:
Die häufigste Ursache für die Schilddrüsenunterfunktion, also die verminderte oder fehlende Schilddrüsenhormonproduktion, ist die Hashimoto-Thyreoditis. Bei dieser chronischen Schilddrüsenentzündung werden die Schilddrüsenzellen versehentlich von körpereigenen Abwehrzellen als “fremd” erkannt und im Verlauf der Erkrankung zerstört.
Auch eine Schilddrüsenoperation oder Radiojodbehandlung kann zu einer Schilddrüsenunterfunktion führen.
Fehlfunktionen der Schilddrüse wirken sich auf den gesamten Organismus aus. Wie ausgeprägt die Symptome und wie stark die Auswirkungen auf die einzelnen Systeme sind, ist individuell verschieden. Besonders bei älteren Menschen werden die Beschwerden oft verkannt und “normalen Alterserscheinungen” zugeschrieben.
Das Herz- und Kreislaufsystem kann mit hohem, meist aber niedrigem Blutdruck reagieren. Der Puls ist mit unter 60 Schlägen pro Minute oft auffallend langsam. Dies führt bei den Betroffenen zu allgemeiner Schwäche und Müdigkeit.
Die Darmtätigkeit ist träge. Die Patienten leider unter Verstopfungen, Blähungen und Appetitlosigkeit. Dennoch kommt es oft zu einer Gewichtszunahme.
Eine Schilddrüsenunterfunktion kann sich auch durch trockene Haut, brüchige Nägel, spröde und schuppige Haare sowie Haarausfall äußern. Die Patienten frieren schnell.
Psychische Veränderungen wie Antriebslosigkeit, depressive Verstimmungen, Konzentrationsstörungen oder Beeinträchtigung der Gedächtnisleistung sollten immer auch an eine mögliche Fehlfunktion der Schilddrüse denken lassen.
Beschwerden, die das Nervensystem und die Muskulatur betreffen, wie Kraftminderung und Gangunsicherheit, gehören ebenso zu dem Erkrankungsbild wie Auswirkungen auf das Fortpflanzungssystem mit Potenzstörungen, Libidoverlust und Unfruchtbarkeit.
Die Schilddrüsenüberfunktion
Ursachen der Schilddrüsenüberfunktion sind entweder ein starker Jodmangel mit überschießendem Wachstum von Schilddrüsengewebe und sogenannten “heißen” Knoten oder wiederum eine Autoimmunerkrankung (Morbus Basedow).
Heiße Knoten können einzeln auftreten oder über die gesamte Schilddrüse verteilt vorliegen. Sie haben sich der Kontrolle durch die Hirnanhangdrüse entzogen und produzieren ungehemmt Schilddrüsenhormone. Diese Erkrankung betrifft meist etwas ältere Patienten, wohingegen der Morbus Basedow insbesondere bei jungen Frauen auftritt.
Auch bei dieser Erkrankung werden Abwehrzellen gegen eine als “fremd” verkannte Schilddrüse gebildet. In diesem Fall werden die Schilddrüsenzellen jedoch nicht zerstört, sondern zur Hormonproduktion angeregt.
Die Symptome einer Überfunktion sind für den Patienten nicht minder belastend. Auch hier können sämtliche Organsysteme betroffen sein.
Es kommt zu einer allgemeinen Aktivierung des Stoffwechsels mit gesteigerter Energieverbrennung.
Die Patienten leiden unter Unruhe, Nervosität und Schlaflosigkeit, sind gereizt und gelegentlich aufbrausend.
Auch hier zeigt das Herz-Kreislaufsystem Veränderungen, die mit schnellem und zeitweise auch unregelmäßigem Herzschlag sowie Bluthochdruck einhergehen.
Die Verdauung ist angeregt: häufige Toilettengänge oder sogar Durchfälle sind die Folge.
Die Haut schwitzt leicht, ist insgesamt warm und feucht. Zusätzliche Wärme wird schlecht vertragen.
Bei Frauen kann sich eine Schilddrüsenüberfunktion auch durch Zyklusstörungen bemerkbar machen.
Im Zusammenhang mit einem Morbus Basedow treten -infolge einer Vermehrung von Bindegewebe, Fett- und Muskelzellen hinter dem Auge- sehr häufig auch Augensymptome auf: die Augäpfel treten hervor und durch ein Zurückweichen der Oberlider kommt es zu einer Erweiterung der Lidspalte. Diese Veränderungen sind in etwa 90% einhergehend mit einem Morbus Basedow und können vor, während oder auch erst Jahre nach der Schilddrüsenerkrankung auftreten.
Die Ursache der sogenannten endokrinen Orbitopathie, die mit einem kosmetisch sehr auffälligen Erscheinungsbild einhergehen kann, ist bis heute unbekannt, daher ist eine kausale Therapie bislang nicht möglich.
Eigentlich ist es ziemlich einfach, die Diagnose “Schilddrüsenfehlfunktion” zu stellen. Zunächst einmal muss man sich ein wenig Zeit nehmen und dem Patienten einige Fragen stellen, die genau auf die eben beschriebenen Symptome abzielen.
Eine Blutentnahme mit Bestimmung des Schilddrüsenhormonspiegels (fT3 und fT4) und des Botenstoffes der Hirnanhangdrüse (TSH) liefert schnell und sicher die Information, ob eine Über- oder Unterfunktion vorliegt. Wenn die Schilddrüsenhormone noch normal sind und nur der Botenstoff TSH verändert ist, spricht man von einer latenten Stoffwechselfunktionsstörung. Auch dabei kann es schon zu Beschwerden kommen.
Meist ist die Bestimmung zusätzlicher Antikörper erforderlich, um die genaue Ursache der Erkrankung herauszufinden.